Rituale als Kunst

Rituale als Kunst

Rituale sind Kunst.

Kunst ist ein Ritual.

Oder vielmehr sie können es sein. Der Zusammenhang zwischen Ritualen und Kunst erschließt sich allerdings erst bei genauem Hinsehen. Im folgenden Artikel erkläre ich euch, was ich damit meine und warum diese zwei auf den ersten Blick völlig verschiedenen Dinge für mich eins sind.

Rituale als Kunstform

Rituale sind für mich keine starre, sich wiederholende Form… Lies dazu auch gern meinen Blogbeitrag

WAS IST EIGENTLICH EIN RITUAL?

Rituale sind gelebte Kreativität und immer wieder neu und einzigartig. Sie bringen auf ihre Art das Nichtmanifeste in die Form. Durch ihren Ablauf, Lieder, Symbole und bedeutungsvolle Handlungen.

Rituale sind kreativer Ausdruck der Quelle und damit Kunst in Reinform. Auch wenn sie natürlich flüchtiger sind als beispielsweise ein gemaltes Bild.

Es gibt ja auch Kunstformen, die nach ihrem Erschaffen nicht mehr sichtbar sind. Happenings verschiedener Art, die Verhüllung eines Gebäudes, oder moderne Kunst im Sinne der für mich sehr bedeutungsvollen Marina Abramowic, die durch ihre provozierenden Performances so ein wertvolles Kunstwerk kreiert. Nach der Aktion sieht der Platz ihres Wirkens genauso aus wie vorher und dennoch hat sich die Energie verändert. Die Menschen, die dabei waren sind berührt, beeindruckt, vielleicht aufgewühlt, angeekelt, provoziert… Wie auch immer sie reagieren, sie gehen verändert weiter. Genau das geschieht im Ritual. Nach einem tiefgreifenden Ritual bist du nicht mehr dieselbe wie zuvor, auch wenn im Außen scheinbar alles gleich bleibt.

Das ist so bei einem ganz persönlichen, privaten Ritual, das du für dich ganz allein praktizierst, von dem du niemandem erzählst. Es wirkt. Und das ist auch bei einem großen Ritual wie einer Hochzeit so, außer dass du dann offiziell den Status wechselst. Das hat Auswirkungen auf die Form.

Es geht hier allerdings aus meiner Sicht nie um die Handlung selbst, sondern um das Bewusstsein dahinter. Und vor allem ums Fühlen dessen was ich tue. Je intensiver ich das, was ich im Ritual tue spüre, je klarer und präsenter ich dabei bin, desto wirksamer ist es. Ich singe mein Lied aus vollem Herzen und mit all meiner Liebe und es verändert alles. Das Kind, das ich bei einer freien Taufe im Kreis seiner Familie willkommen heiße ist selbstverständlich nach dieser Zeremonie dasselbe und doch… Unser Tun hat Auswirkungen.

Die Kunst des Rituals

Ein lebendiges Ritual ist Kreativität pur und damit Kunst in Reinform.

Rituale sind Ausdruck purer Kreativität, wenn sie die natürlichen Formen, die ihnen zugrunde liegen immer wieder neu kombinieren, neu mit Leben gefüllt werden. Wenn sie dem Augenblick und der Wahrhaftigkeit entspringen und keiner leeren Form, die sich wiederholt. Ein lebendiges Ritual ist Kreativität pur und damit Kunst in Reinform.

Abgesehen davon macht es mir unglaublich viel Freude Rituale auch noch schön zu gestalten. Mit stimmigen Symbolen, mit passenden Farben und Gegenständen. Eingekleidet mit Worten. Umhüllt von Klängen und Liedern. Am liebsten führe ich Rituale übrigens in Kreisform durch. Die Akteure sind dann der Mittelpunkt des Kreises und die Gäste sitzen oder stehen im Kreis, oder eben in mehreren Kreisen zentrisch darum herum. Das ist nicht in jeder Location möglich und sicher auch nicht Jedermanns Sache, sind wir doch das Frontale gewohnt. Einer gibt vor, die anderen folgen. Die Kraft des Kreises wird allerdings neu belebt und wiederentdeckt werden, davon bin ich zutiefst überzeugt.

Von oben betrachtet ist so eine Zusammenkunft von Menschen im Kreis übrigens ein wunderschönes Mandala. Auch sind ja in buddhistischen Traditionen eine hochangesehene wirksame Übung und Kunst auf eine einzigartige Weise. Stundenlang sitzen die Mönche an großen Mandalas aus buntem Sand. Sind sie fertig öffnen sie die Tür und der Wind verweht die mühsam erschaffene Form. Sie halten nicht fest, machen kein Foto und hängen es an die Wand oder posten es in sozialen Medien. Sie tun es des Tuns wegen und zu Ehren der ursprünglichsten aller Künste. Dem einen Leben selbst. So vergänglich und zart wie ein Sandmandala. Existent und perfekt zu jedem Moment um sich wieder zu wandeln. Wie wir eben auch im Ritual die Form und uns selbst wandeln. Auch wenn es für unsere Augen und unsere menschliche Form unsichtbar ist.

So ist das Ritual tiefer kunstvoller Ausdruck. Unsichtbare kraftvolle und mächtige Kunst in Reinform.

Kunst als Ritual

Kunst hat ja unendliche Formen und Möglichkeiten. Im ersten Moment denken wir beim Begriff Kunst an Bilder, Objekte, Gegenstände und Museen. Da fällt mir auf, dass im Begriff Museum die Muse versteckt ist. Und genau um die geht es im Kern bei der Kunst. Kreativen Ausdruck in Reinform. Das Nichtmanifeste möchte sich in der Form ausdrücken und gestaltet werden durch menschliche Hände.

Ich drücke seit vielen Jahren meine inneren Prozesse durch rituelle Kunstwerke aus. Malen, basteln, tonen, modellieren, häkeln und nähen sind hier nur einige Techniken die ich für mich nutze um meine Impulse auf die Erde zu holen.

Die Inspiration für die letztendlich Form kommt in persönlichen Erkenntnissen und Vorgängen, die durch meine Hände fließen und dadurch bekräftigt werden wollen. Ich habe meine inneren Bilder empfangen und weiß sofort über welche Technik diese Energie geformt werden möchte. Das kann ich so genau auch gar nicht erklären. Wenn du mich fragst warum ich für mein inneres Kind eine Schmetterlingsfigur gestaltet habe und zu einem anderen Zeitpunkt ein Frauenkraftbild gemalt habe… Ich weiß es nicht. Ich folge einfach meinem Gefühl.

​Rituelle Kunst wirkt deshalb so magisch, weil sie das Unsichtbare sichtbar macht in einer reinen kraftvollen Form.

Kunst als Ritual

Mir geht es dabei interessanterweise nicht, oder nicht in erster Linie, um das fertige Objekt. Das wird eh nie so wie ich es mir vorgestellt habe… Denn um die Wahrheit zu sagen, keine der Techniken, die ich anwende beherrsche ich wirklich professionell… Ich kann weder richtig tonen, noch zeichnen, noch nähen. Und ich tu es trotzdem. Es geht mir nicht um technische Perfektion, es geht um den Ausdruck selbst. Versteh mich nicht falsch, ich bin in manchen Punkten dabei sehr genau, Formen, Farben, Symboliken, Proportionen. Es geht nicht um Beliebigkeit oder Schludrigkeit… Wobei ich zugeben muss, dass es gut ist, wenn ich den Dingen ihre Zeit lasse… Das ist nicht meine Stärke… Der Impuls ist allerdings oft einfach so mächtig und stark, dass er genau zu diesem Zeitpunkt in die Form will.

Technische Perfektion könnte ich selbstverständlich lernen. Allerdings nur durch Wiederholung. Wiederholung langweilig mich allerdings. Und wenn ich denselben Gegenstand zehn Mal herstellen würde wäre er vielleicht am Ende perfekt. Aber er wäre leer, weil ich ihn nicht mit derselben Leidenschaft hergestellt hätte wie beim ersten Mal. Leben ist nicht wiederholbar und niemals perfekt.

Im Studium hab ich übrigens gelernt, dass wir als Lehrer auch den Prozess bewerten sollen, nicht nur das Produkt. Ich habe Textiles Werken studiert… Weiß gar nicht ob das heute noch gelehrt wird… Aber es war mein absolutes Lieblingsfach und kommt in der Schule meiner Meinung nach viel zu kurz. Nun gut, in diesem Fall wurde uns angehenden Lehrern jedenfalls etwas sehr Sinnvolles und für mich sofort Nachvollziehbare gelehrt… Die Prozesshaftigkeit.

Die eigene Kunst finden

Ritualkunst

Nicht nur der Gegenstand, das Endprodukt darf bewertet werden, sondern der gesamte Prozess seiner Entstehung. Ich gehe da heute sogar noch einen Schritt weiter… Für mich, in meinen ganz persönlichen Kunstritualimpulsindieformbringprozessen geht es mir fast nur um den Prozess der Herstellung. Manchmal wird das Objekt, das dadurch entstand relativ schnell unwichtig. Es bleibt in meiner Nähe, steht in meinen Räumen und erinnert mich manchmal Jahre später wieder an einen inneren Prozess, eine kleine Episode meines Lebens. Es verliert aber recht schnell an Wichtigkeit und Dynamik, sobald der innere Prozess abgeschlossen ist. Der Impuls ist in die Form gewandert und damit kann ich mich wieder entspannen. Das ist echt sehr dynamisch bei mir. Wenn ein starker kreativer Impuls anklopft bin ich wie unter Strom und komme erst wieder zur Ruhe, wenn ich ihm folge und meine Hände ihre Arbeit vollbracht haben. Das ist für meine Familie nicht immer einfach und meist unverständlich, aber sie haben sich daran gewöhnt. Und ich auch. Ich ordne in diesen Moment so ziemlich alles andere unter, denn die Künstlerin in mir ist erwacht und ihre Kraft inzwischen so groß und stark, dass ich mich hingebe und tue was getan werden möchte. Übrigens macht es total Sinn diesen Impulsen recht zeitnah zu folgen, sie verlieren sonst ihre Kraft und ihren Zauber. Schreib dir zumindest deine Impulse auf oder mach eine grobe Skizze, sonst gehen sie womöglich verloren oder gehen durch zu viele Verstandesebenen und werden dadurch verformt und verwässert.

Je präsenter und „reiner“ die Energie durch mich fließt um den Impuls zu manifestieren, desto kraftvoller der Prozess und der entstandene Gegenstand. Und da sind wir wieder beim Ritual, denn für mich ist die Erschaffung selbst ein Ritual. Rituelle Kunst wirkt deshalb so magisch, weil sie das Unsichtbare sichtbar macht in einer reinen kraftvollen Form.

Deshalb ist Kunst für mich ein Ritual und ein Ritual Kunst.

Ich wünsche dir, dass du deine ganz eigene Form findest um dein Inneres sichtbar zu machen. Und wenn deine Hände Neues erschaffen denke nicht zu viel an das Ergebnis, sondern bleib im Moment. Spüre dich, dein Sein und das eine Leben das du bist, das in diesem Moment durch deine Hände fließt. Atme. Spüre. Sei. Und du wirst die Kunst des Rituals in der Kunst erleben.

In Liebe

Nina

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