Abschiedsrituale – Ideen und Tipps

Abschiedsrituale

Wir haben verlernt Abschied zu nehmen. Zyklen zu vollenden. In Würde und Ganzheit. In diesem Beitrag geht es um Möglichkeiten rituell zu verabschieden. Ich nehme das Beispiel des Jahres. Die Möglichkeiten sind jedoch auf Abschiede jeglicher Art anwendbar.

Was ist eigentlich ein Abschied?

Im Wort Abschied steckt das Wort „scheiden“. Wir verbinden es mit Trennung. Und da ist auch etwas dran. Abschied ist endgültig. Und wenn er nur für den Moment endgültig ist. Es erinnert uns an den einen großen Abschied, der uns allen eines Tages bevorsteht. Den Tod.

Bis wir ihm begegnen sterben wir jedoch viele große und kleine Tode. Wandeln unsere Form. Ob bewusst oder unbewusst. Das ist Leben. Denn Leben und Tod sind weitaus weniger polar, als sie für uns scheinen. Eigentlich sind sie eins. Bedingen einander. Nie war das offensichtlicher als in diesem Jahr.

Wie wollen wir leben? Im Angesicht des Todes ist diese Frage unausweichlich, wollen wir nicht nur existieren, sondern wahrhaftig leben.

Abschiedsritual Kerze

Kennst du den Spruch: „Leben ist, was passiert, während du damit beschäftigt bist, andere Pläne zu machen?“

Ich nenne das so: „Ich denke mir die Sachen nicht aus, ich lebe Impulse!“ Und ich weiß wie verdammt anstrengend das für Menschen in meinem Umfeld ist, die lieber Pläne und feste Abläufe und Strukturen haben. Ich darf immer mehr lernen, dass Wiederholung auch seinen Charme hat. Das, was dann entsteht nenne ich „lebendige Konzepte“. Denn das Leben hat seinen eigenen Plan. Und eigentlich ist auf diesen Plan sehr viel Verlass. Natur ist immer im Wandel und doch beständig. Das Jahresrad ist das beste Beispiel.

Ich lebe seit Jahren die Rauhnachtsphase sehr bewusst. Anfangs klassisch mit Wünschen und der Zuordnung der einzelnen Tage zu den Monaten des kommenden Jahres. Heute etwas freier und immer mehr im Erforschen der Zeitqualitäten. Die Besonderheit dieser Zwischenzeit wird mir immer klarer, je mehr ich sie lebe.

Nun stand 2020 mein persönliches Jahr unter dem Stern der „Wahrhaftigkeit“. Und in diesen Tagen neigt sich dieses besondere Jahr seinem Ende. Zeit zurückzuschauen. Diese Rückschau, das Rundmachen des Jahres ist für mich zu einer Art heilsamem Ritual geworden, in dem ich mich leer mache für die Zeit zwischen den Jahren. Ich verabschiede mich vom alten Jahr um das neue zu gegebener Zeit zu begrüßen.

Wie geht Abschied?

Wie begehst du Abschiede?

Meine ganz persönlichen Abschiede feiere ich gerne rituell. Und auch in Begleitungen ist der Abschied oft Teil des Rituals. Nicht nur bei Beerdigungen, sondern auch in der Vorbereitung auf eine Trauung kann das sinnvoll sein. Wahrhaftiger Abschied kann den Weg frei machen für Neues.

Folgende Grundhaltungen und Aspekte sind für mich wichtig beim Verabschieden:

Abschiedsritual Räuchern
  • Danken

  • Würdigen

  • Zurückschauen

  • Nachfühlen

  • Ausdrücken

  • Loslassen

Das Bild, das ich dazu haben ist, das zu Verabschiedende noch einmal ganz nah an mein Herz zu holen. Es zu atmen und zu fühlen in allen seinen Aspekten, um es dann in Frieden ziehen lassen zu können. Im Folgenden erkläre ich dir, wie ich das lebe. Wie ich mein Jahr rund mache. Vielleicht findest du Inspirationen und Ideen um dein Eigenes daraus zu machen.

Verabschieden des alten Jahres

Dieses ganz besondere Jahr war wohl für jeden Einzelnen sehr herausfordernd. Und wie jedes Jahr möchte ich auch dieses Jahr zurückschauen und Danke sagen für all die Herausforderungen und die Chancen, die die letzten 12 Monate gebracht haben.

Ich habe keine feste Form, die jedes Jahr gleich ist. Keine Ritualanleitung, die du nun 1:1 nachmachen sollst. Ich lasse dich teilhaben an meinem ganz persönlichen Weg, der jedes Jahr ein wenig anders aussieht.

1. liebevolles Gedenken

Zeit und Raum um das Vergangene zu Erinnern sind der erste Schritt. Die Verbindung zum Element Luft,

Ich habe den ersten Raum für Rückblick dieses Jahr sogar in einem erweiterten Raum aus 3 Paaren eröffnet. Wir waren drei Männer und drei Frauen. Das war unglaublich heilsam auf der Paarebene.

Der Impuls dazu kam nachts vor unserem Treffen. Und dann brauchte ich noch meinen ganz eigenen Raum. Dazu bin ich dieses Jahr spazieren gegangen. Im Wald und im Park. Nahe den Bäumen, die dieses Jahr sehr präsent waren. Wahrhaftige Wurzeln durften wachsen. Auch auf meinem Kopf. Wenn du magst lies gerne meinen Blogbeitrag dazu…

HAARE IM RITUAL

Der Spaziergang hat den Raum eröffnet und ich habe mich erinnert, was geschehen ist in diesem Jahr. Erst da ist mir aufgefallen, was alles passiert ist. Und ich habe sicher die Hälfte vergessen.

So einen Spaziergang kannst du natürlich auch mit einem geliebten Menschen machen und ihm erzählen, was dich bewegt.

#Ritualidee:

Eröffne einen geschützten Raum für dich und ziehe einen Kreis um dich. Das kann rein in Gedanken geschehen oder du stellt Kerzen auf, nimmst Symbole für die Elemente dazu, streust Blumen oder Getreide. Ziehe den Kreis ganz bewusst. Dein Kreis.

Lade nun Das, was verabschiedet werden möchte zu dir in den Kreis ein.

BEGEGNE.

2. flüssiges Schreiben

Um es besser fassen zu können und meine Gedanken zu ordnen, habe ich begonnen zu schreiben. Nachts. Wenn es hier ganz still ist, geht das am besten. Sowieso sind manche Dinge besser in der Dunkelheit aufbewahrt. Ich genieße das inzwischen sehr.

Beim Schreiben kannst du verschiedene Formen wählen. Es ist natürlich möglich einfach draufloszuschreiben und dich vom Schreibfluss führen zu lassen. Du kannst chronologisch vorgehen und deinen Kalender zuhilfe nehmen um dich an die Ereignisse des Jahre zu erinnern.

Ich habe dieses Jahr in drei Felder unterteilt und bin mit ihnen ins Schreiben gegangen. Zuerst wollte der Bereich Paarbeziehung geschrieben werden. Dann ging es um mein ganz persönliches Jahr und zuletzt wollte noch etwas zum Seelenwerkejahr geschrieben werden.

Teilweise kamen Worte, Geschichten, Erinnerungen und Symbole. Skizzen, die ich in mein wunderschönes Buch habe fließen lassen.

Hier habe ich mich ganz bewusst mit der Qualität des Wassers verbunden um mich so gut wie möglich in den Wortfluss zu begeben.

#Ritualidee:

Setze dich in deiner Vorstellung oder ganz in echt an einen Fluss. Lass ihn zu einem Wortfluss werden. Vielleicht zeigen sich Buchstaben, Worte oder Symbole im Wasser. Vielleicht verwandelt sich das Wasser in flüssiges Gold. Vielleicht zeigen sich andere Farben, die dich beim Schreiben unterstützen. Stell dich mitten in den Fluss und lass dich durchströmen.

FLIESSE.

Abschiedsritual schreiben

3. transformierendes Formen

Manche Ereignisse sind so prägend und so besonders, dass ich ihre Bedeutung erst im Nachhinein entschlüsseln kann. Das braucht oft Zeit und mehrere bewusste Schritte. Leben geht vorwärts. Verstehen können wir es nur rückwärts.

Nun ist es manchmal so, dass die Dinge noch einmal einen Ausdruck brauchen. Da möchte vielleicht

  • ein Bild gemalt

  • getrommelt

  • getanzt

  • gesungen

  • ein besonderes Lied gespielt oder

  • ein besonderer Duft geräuchert werden.

Besonderen Momenten möchte gedacht und erinnert werden.

In diesem Jahr hat mich ganz besonders die Ohnmacht und die Wut begleitet. Hätte ich ihnen nicht immer wieder Ausdruck verliehen, ich wäre wahrscheinlich geplatzt. Das Schreien im Wald ist manchmal die einzige Rettung gewesen.

In Abschiedsphasen ist die Trauer meist unsere Begleiterin. Oft geht sie Hand in Hand mit der Angst.

#Ritualidee:

Nimm das, mit was du umgehen möchtest liebevoll in deine Hände. Öffne deine Hände und spüre, was da ist. Vielleicht ist es eine schwarze klebrige Masse. Rotes schmerzhaft brennendes Feuer. Was liegt in deinen Händen? Nimm es an, wie es ist. Und dann bewege es in deinen Händen. Gehe damit um. Wandle.

TRANSFORMIERE:

Abschiedsritual Feuer

4. wahrhaftiges Klären

Manche Dinge wollen neu angeschaut werden. Und manchmal ist es nötig, wie in meinem Fall, mit Menschen klärende Gespräche zu führen. Das war fordernd. Doch die Wahrhaftigkeit forderte es von mir. Und so viel Angst ich vor manchem Gespräch hatte, so viel Respekt eine vergangene Wunde zu berühren, so überrascht war ich jedes einzelne Mal, als ich all meinen Mut zusammennahm. Und sich diese Wunden in Wunder wandelten. Echt. Wahrhaftig. Tief. So konnte noch mehr Frieden einziehen.

Ich möchte dir an dieser Stelle Mut machen. Klarheit war nie wichtiger als heute. Und es ist ganz normal „Fehler“ zu machen. Aus ihnen zu lernen. Verantwortung zu übernehmen für sein Handeln und Nichthandeln.

Ein klärendes Gespräch mit den Lieben kann so viel gestaute Energie befreien. Fass dir ein Herz, wenn es dran ist!

Auch das Aufräumen und Säubern der Wohnung kann zu diesem Zeitpunkt ganz bewusst eingesetzt werden um das Jahr zu verabschieden.

In diesem Jahr haben wir hier in unserer Wohnung ausgemistet und aufgeräumt. Hin- und herbewegt. Und das mit 4 kleinen Kindern. Das war oft anstrengend. Und doch hat sich die Arbeit gelohnt. So langsam findet alles seinen Platz.

Alles was keinen Platz mehr hat, verabschieden wir.

#Ritualidee:

Lass die Elementkräfte durch deine Wohnung. Stell dich in die Mitte der Wohnung und lass dann nacheinander Wind, Feuer, Wasser und Erde hinein und hinaus. Schau wo und wie sie hinein möchten und wo sie austreten. Beobachte, was geschieht in deiner Wohnung. Was wird verbrannt? Was sanft umspült? Lass die Elemente auch in dir und durch dich arbeiten. In all deinen Zellen.

KLÄRE.

5. symbolisches Loslassen

Das Loslassen ist der Teil, an den wir vor allem denken, wenn es ums Verabschieden geht. Und weil es oft der schwerste ist, macht es Sinn ihn ganz bewusst zu vollziehen.

Wenn es dich ruft verbrenne alle alten Zettel, und sonstigen Dinge, bei denen es sich anbietet. Lass alles los, was du beim Aufräumen aussortiert hast.

So kannst du das Element Feuer mitnehmen. Um die Asche, oder eben die Zettel, der Erde zu übergeben. Dann hast du die Kraft aller Elemente mit dir.

#Ritualidee:

Entzünde ein Feuer und übergebe ganz bewusst all die Dinge, die du verabschieden möchtest. Wenn sich Menschen und Dinge aus deinem Leben verabschiedet haben kannst du stellvertretend auch einen Holzscheit ins Feuer geben und dich so noch einmal bedanken und verabschieden. Auf einer tiefen Ebene loslassen und in Frieden kommen mit dem Verlust. Im Leben bleibt dafür oft keine Zeit. Da kann es heilsam sein, dies rituell nachzuholen. Es ist nie zu spät.

WANDLE.

Du kannst all diese Impulse natürlich an einem Abend bündeln und in einem rituellen Kreis vollziehen. Die Elemente einladen und so richtig schön zaubern. Bei mir hat sich dieser Prozess in diesem Jahr über mehrere Wochen erstreckt. Und lief parallel zum Alltag mit einigen bewussten Auszeiten.

Obwohl ich kein klassisches Ritual zelebriert habe fühle ich so viel Frieden und Klarheit wie noch nie. Es ist als ob die Rituale ins Leben geflossen wären und gar keiner besonderen Form bedurften.

All dem Tun und Wirken um den Abschied zu feiern sollte die Haltung der Wertschätzung und Dankbarkeit zugrunde liegen. Der Annahme der Dinge, wie sie eben sind.

Kreise öffnen sich und Kreise schließen sich. Dazwischen und auch dabei findet Leben statt.

Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam eine neue Abschiedskultur entwickeln. Vielleicht nenne ich es lieber VOLLENDUNGSKULTUR. Ja, das gefällt mir gut.

Ich glaube und erlebe, dass es zutiefst heilsam ist, die Dinge wahrhaftig zu vollenden. Die nächsten Knospen können nur gedeihen, wenn die verwelkten Teile der Pflanze davor abgestorben sind.

Unsere Kultur strebt nach ewigem Wachstum. Ewiger Freude und Schönheit. Das ist künstlich. Jede noch so schöne Blüte wird eines Tages sterben.

Gleichzeitig gibt es viele Menschen, die in Schockstarre, Stagnation und ewiger Trauer verharren, weil sie nicht loslassen können. Dann können sich keine Knospen bilden.

Leben ist Veränderung. Und so traurig das für manche klingt, es ist die einzige Konstante, die es wirklich gibt. Letzten Endes bleibt uns nur die Sicherheit in der Veränderung zu finden. Das Vertrauen ins Leben und seinen dann doch sehr verlässlichen Rhythmen. Und die Liebe. Die Liebe bleibt.

Die goldene Essenz der Erfahrungen, die wir leben innerhalb der Kreise, die wir leben, bleibt. Ist tief in uns gespeichert. Davon bin ich überzeugt. Wirklich und wahrhaftig mitnehmen können wir sie jedoch nur, wenn wir wieder lernen Kreise in Würde zu schließen. Auch das letzte Puzzlestück an seinen Platz zu setzen, auch wenn es noch so wehtut. Nur im Schließen des Kreises wird er ganz und entfaltet seine Kraft. Dann kann seine goldene Essenz irgendwann ins Neue fließen. Denn jeder Anfang braucht ja ein vorheriges Ende. Jedes Willkommen, jedes Wiedersehen benötigt einen vorherigen Abschied.

Lasst uns gemeinsam üben Abschied zu nehmen. Jeden kleinen und großen Kreis innerhalb des großen Lebenskreises so ganz wie möglich zu leben. Und irgendwann werden Abschiede nicht mehr Trauer auslösen, über Das, was geht. Übrig bleiben wird die Liebe, gelebtes Leben, und die Dankbarkeit. Dankbarkeit für all die Herausforderungen, an denen wir gewachsen sind. Und die Dankbarkeit ans Leben für jeden Atemzug.

Hier gefällt mir die Botschaft des Liedes „Von guten Mächten“ von Dietrich Bonhoeffer, das ich Anfang Dezember in meinem ersten Onlinekonzert singen durfte. Mit diesem Lied wünsche ich euch viel Freude beim Abschließen des Alten und einen gesegneten Übergang ins Neue.

Was vollständig ist öffnet sich von selbst auf einer neuen Ebene.

In Liebe
Nina

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