Abschiedsrituale – Ideen und Tipps
Wir haben verlernt Abschied zu nehmen. Zyklen zu vollenden. In Würde und Ganzheit. In diesem Beitrag geht es um Möglichkeiten rituell zu verabschieden. Ich nehme das Beispiel des Jahres. Die Möglichkeiten sind jedoch auf Abschiede jeglicher Art anwendbar.
Was ist eigentlich ein Abschied?
Im Wort Abschied steckt das Wort „scheiden“. Wir verbinden es mit Trennung. Und da ist auch etwas dran. Abschied ist endgültig. Und wenn er nur für den Moment endgültig ist. Es erinnert uns an den einen großen Abschied, der uns allen eines Tages bevorsteht. Den Tod.
Bis wir ihm begegnen sterben wir jedoch viele große und kleine Tode. Wandeln unsere Form. Ob bewusst oder unbewusst. Das ist Leben. Denn Leben und Tod sind weitaus weniger polar, als sie für uns scheinen. Eigentlich sind sie eins. Bedingen einander. Nie war das offensichtlicher als in diesem Jahr.
Wie wollen wir leben? Im Angesicht des Todes ist diese Frage unausweichlich, wollen wir nicht nur existieren, sondern wahrhaftig leben.
Das Leben hat seinen eigenen Plan. Und eigentlich ist auf diesen Plan sehr viel Verlass. Natur ist immer im Wandel und doch beständig. Das Jahresrad ist das beste Beispiel.
Ich lebe seit Jahren die Rauhnachtsphase sehr bewusst. Anfangs klassisch mit Wünschen und der Zuordnung der einzelnen Tage zu den Monaten des kommenden Jahres. Dann immer freier im Erforschen der Zeitqualitäten. Die Besonderheit dieser Zwischenzeit wird mir immer klarer, je mehr ich sie lebe. Es entstand sogar eine rituelle Begleitung durch die Rauhnächte für Familien.
In diesen Tagen neigt sich das Jahr seinem Ende. Zeit zurückzuschauen. Diese Rückschau, das Rundmachen des Jahres ist für mich zu einer Art heilsamem Ritual geworden, in dem ich mich leer mache für die Zeit zwischen den Jahren. Ich verabschiede mich vom alten Jahr um das neue zu gegebener Zeit zu begrüßen.
Wie geht Abschied?
Meine ganz persönlichen Abschiede feiere ich gerne rituell. Und auch in Begleitungen ist der Abschied oft Teil des Rituals. Nicht nur bei Beerdigungen, sondern auch in der Vorbereitung auf eine Trauung kann das sinnvoll sein. Wahrhaftiger Abschied kann den Weg frei machen für Neues.
Folgende Grundhaltungen und Aspekte sind für mich wichtig beim Verabschieden:
Ich hole mir das zu Verabschiedende noch einmal ganz nah an mein Herz. Ich atme und fühle es in allen seinen Aspekten, um es dann in Frieden ziehen lassen zu können. Im Folgenden erkläre ich dir, wie ich das lebe. Wie ich mein Jahr rund mache. Vielleicht findest du Inspirationen und Ideen um dein Eigenes daraus zu machen.
Verabschieden des alten Jahres
Ich beginne mit meinem Anliegen auf dieses Jahr zurückschauen und Danke zu sagen für all die Herausforderungen und die Chancen, die die letzten 12 Monate gebracht haben. Ich lasse dich teilhaben an meinem ganz persönlichen Weg, der jedes Jahr ein wenig anders aussieht.
1. Liebevolles Gedenken
Zeit und Raum um das Vergangene zu Erinnern sind der erste Schritt. Die Verbindung zum Element Luft.
Dazu bin ich dieses Jahr spazieren gegangen. Im Wald und im Park. Nahe den Bäumen, die dieses Jahr sehr präsent waren. Wahrhaftige Wurzeln durften wachsen. Der Spaziergang hat den Raum eröffnet und ich habe mich erinnert, was geschehen ist in diesem Jahr.
#Ritualidee:
Eröffne einen geschützten Raum und ziehe einen Kreis um dich. Das kann rein in Gedanken geschehen oder du stellt Kerzen auf, nimmst Symbole für die Elemente dazu, streust Blumen oder Getreide. Ziehe den Kreis ganz bewusst. Deinen Jahreskreis.
Lade nun das, was verabschiedet werden möchte, zu dir in den Kreis ein und begegne ihm.
2. Flüssiges Schreiben
Um es besser fassen zu können und meine Gedanken zu ordnen, schreibe ich auf. Nachts. Wenn es ganz still ist, geht das am besten. Sowieso sind manche Dinge besser in der Dunkelheit aufbewahrt.
Beim Schreiben kannst du verschiedene Formen wählen. Es ist natürlich möglich einfach draufloszuschreiben und dich vom Schreibfluss führen zu lassen. Du kannst chronologisch vorgehen und deinen Kalender zu Hilfe nehmen um dich an die Ereignisse des Jahre zu erinnern.
Ich habe dieses Jahr in mehrere Felder unterteilt und bin mit ihnen ins Schreiben gegangen. Teilweise kamen Worte, Geschichten, Erinnerungen und Symbole. Skizzen, die ich in mein wunderschönes Buch habe fließen lassen.
Hier habe ich mich ganz bewusst mit der Qualität des Wassers verbunden um mich so gut wie möglich in den Wortfluss zu begeben.
#Ritualidee:
Setze dich in deiner Vorstellung oder ganz in echt an einen Fluss. Lass ihn zu einem Wortfluss werden. Vielleicht zeigen sich Buchstaben, Worte oder Symbole im Wasser. Vielleicht verwandelt sich das Wasser in flüssiges Gold. Vielleicht zeigen sich andere Farben, die dich beim Schreiben unterstützen. Stell dich mitten in den Fluss und lass dich durchströmen.
3. Transformierendes Formen
Manche Ereignisse sind so prägend und so besonders, dass ich ihre Bedeutung erst im Nachhinein entschlüsseln kann. Das braucht oft Zeit und mehrere bewusste Schritte. Leben geht vorwärts. Verstehen können wir es nur rückwärts.
Wenn ich nun auf einzelne Ereignisse des Jahres zurückschaue, ist es manchmal so, dass die Dinge noch einmal einen Ausdruck brauchen. Da möchte vielleicht
#Ritualidee:
Öffne deine Hände und nimm das, was verändert werden möchte liebevoll in sie hinein. Spüre, was da ist. Vielleicht ist es eine schwarze klebrige Masse oder rotes schmerzhaft brennendes Feuer. Was liegt in deinen Händen? Nimm es an, wie es ist. Und dann bewege es in deinen Händen. Gehe damit um. Wandle es.
4. Wahrhaftiges Klären
Manche Dinge wollen neu angeschaut werden. Und manchmal ist es nötig, wie in meinem Fall, mit Menschen klärende Gespräche zu führen. Das war fordernd. Doch die Wahrhaftigkeit forderte es von mir. Und so viel Angst ich vor manchem Gespräch hatte, so viel Respekt eine vergangene Wunde zu berühren, so überrascht war ich jedes einzelne Mal, als ich all meinen Mut zusammennahm. Und sich diese Wunden in Wunder wandelten. Echt. Wahrhaftig. Tief. So konnte noch mehr Frieden einziehen.
Ein klärendes Gespräch mit den Lieben kann so viel gestaute Energie befreien. Fass dir ein Herz, wenn es dran ist! Auch das Aufräumen und Säubern der Wohnung kann zu diesem Zeitpunkt ganz bewusst eingesetzt werden um das Jahr zu verabschieden.
#Ritualidee:
Lass die Elementkräfte durch deine Wohnung. Stell dich in die Mitte der Wohnung und lass dann nacheinander Wind, Feuer, Wasser und Erde hinein und hinaus. Schau wo und wie sie hinein möchten und wo sie austreten. Beobachte, was geschieht in deiner Wohnung. Was wird verbrannt? Was sanft umspült? Lass die Elemente auch in dir und durch dich arbeiten. In all deinen Zellen.
5. Symbolisches Loslassen
Das Loslassen ist der Teil, an den wir vor allem denken, wenn es ums Verabschieden geht. Und weil es oft der schwerste ist, macht es Sinn ihn ganz bewusst zu vollziehen.
Wenn es dich ruft verbrenne alle alten Zettel, und sonstigen Dinge, bei denen es sich anbietet. Lass alles los, was du beim Aufräumen aussortiert hast.
So kannst du das Element Feuer mitnehmen. Um die Asche, oder eben die Zettel, der Erde zu übergeben. Dann hast du die Kraft aller Elemente mit dir.
#Ritualidee:
Entzünde ein Feuer und übergebe ganz bewusst all die Dinge, die du verabschieden möchtest. Wenn sich Menschen und Dinge aus deinem Leben verabschiedet haben kannst du stellvertretend auch einen Holzscheit ins Feuer geben und dich so noch einmal bedanken und verabschieden. Auf einer tiefen Ebene loslassen und in Frieden kommen mit dem Verlust. Im Leben bleibt dafür oft keine Zeit. Da kann es heilsam sein, dies rituell nachzuholen. Es ist nie zu spät.
Du kannst all diese Impulse natürlich an einem Abend bündeln und in einem rituellen Kreis vollziehen. Die Elemente einladen und so richtig schön zaubern. Es gibt Jahre, da erstreckt sich dieser Prozess über mehrere Wochen und läuft parallel zum Alltag mit einigen bewussten Auszeiten.
Es ist als ob die Rituale ins Leben fließen. Frieden und Klarheit breiten sich nach und nach aus.
All dem Tun und Wirken um den Abschied zu feiern sollte die Haltung der Wertschätzung und Dankbarkeit zugrunde liegen. Der Annahme der Dinge, wie sie eben sind.
Kreise öffnen sich und Kreise schließen sich. Dazwischen und auch dabei findet Leben statt.
Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam eine neue Abschiedskultur entwickeln. Vielleicht nenne ich es lieber VOLLENDUNGSKULTUR. Ja, das gefällt mir gut.
Ich glaube und erlebe, dass es zutiefst heilsam ist, die Dinge wahrhaftig zu vollenden. Die nächsten Knospen können nur gedeihen, wenn die verwelkten Teile der Pflanze davor abgestorben sind.
Unsere Kultur strebt nach ewigem Wachstum. Ewiger Freude und Schönheit. Das ist künstlich. Jede noch so schöne Blüte wird eines Tages sterben.
Gleichzeitig gibt es viele Menschen, die in Schockstarre, Stagnation und ewiger Trauer verharren, weil sie nicht loslassen können. Dann können sich keine Knospen bilden.
Leben ist Veränderung. Und so traurig das vielleicht klingt, es ist die einzige Konstante, die es wirklich gibt. Letzten Endes bleibt uns nur die Sicherheit in der Veränderung zu finden. Das Vertrauen ins Leben und seinen dann doch sehr verlässlichen Rhythmen. Und die Liebe. Die Liebe bleibt.
Die goldene Essenz der Erfahrungen, die wir leben innerhalb der Kreise, die wir leben, bleibt. Ist tief in uns gespeichert. Davon bin ich überzeugt. Wirklich und wahrhaftig mitnehmen können wir sie jedoch nur, wenn wir wieder lernen Kreise in Würde zu schließen. Auch das letzte Puzzlestück an seinen Platz zu setzen, auch wenn es noch so wehtut. Nur im Schließen des Kreises wird er ganz und entfaltet seine Kraft. Dann kann seine goldene Essenz irgendwann ins Neue fließen. Denn jeder Anfang braucht ja ein vorheriges Ende. Jedes Willkommen, jedes Wiedersehen benötigt einen vorherigen Abschied.
Lasst uns gemeinsam üben Abschied zu nehmen. Jeden kleinen und großen Kreis innerhalb des großen Lebenskreises so ganz wie möglich zu leben. Und irgendwann werden Abschiede nicht mehr Trauer auslösen, über das, was geht. Übrig bleiben wird die Liebe, gelebtes Leben, und die Dankbarkeit. Dankbarkeit für all die Herausforderungen, an denen wir gewachsen sind. Und die Dankbarkeit ans Leben für jeden Atemzug.
Was vollständig ist öffnet sich von selbst auf einer neuen Ebene.
In Liebe
Nina
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